Im vierten „Corona“-Semester: „Präsenz, Präsenz, Präsenz“

05.10.2021

Von einer Online-LV in die nächste: Nach drei Corona-Semestern sind die Studierenden „durstig nach Kontakt“, so die Studienprogrammleiter an der FGGA. Sie setzen daher in allen Bereichen auf so viel Präsenz wie möglich. Die erzwungene Digitalisierung habe zwar teilweise Vorteile, beispielsweise in der Verwaltung, doch auch hier versucht man zukünftig eine „gute Mischung“ zu finden, sagt Daniel Görgl vom StudienServiceCenter.

Vorbei ist die Pandemie leider noch nicht, doch nach drei Semestern „Corona-Lehre“ brauche man in diesem Wintersemester dringend so viel Präsenzlehre wie nur möglich, sind sich die Studienprogrammleitungen der Fakultät für Geowissenschaften, Geographie und Astronomie einig: „Die Studierenden sind durstig nach direktem Kontakt mit den Lehrenden und mit ihren Studienkolleg*innen – sie brauchen Präsenz, Präsenz, Präsenz“, erklärt Ronald Pöppl, Studienprogrammleiter Geographie.

So weit wie möglich ein Präsenzsemester

Klar, die erzwungene Online-Lehre habe auch zu Lernschritten geführt, doch den direkten Kontakt könne sie nicht wett machen: „Die reine Online-Lehre frustriert die Studierenden – und auch für die Lehrenden ist es schwierig, motiviert zu bleiben“, so Pöppl: „Das kommende Semester muss so weit als möglich ein Präsenzsemester werden.“ An der Geographie gab es zwar auch Initiativen wie Wandertage der Studienvertretungen oder Treffen im Freien, doch das ersetze eben nicht den studentischen Alltag und die Sozialisation im Studium.

Dem stimmt auch Michael Wagreich, Leiter des Studienprogramms Erdwissenschaften, Meteorologie-Geophysik und Astronomie zu. Schwierig war zudem die Durchführung von Pflichtlehrveranstaltungen außerhalb der Universitätsgebäude, etwa Geländepraktika und Exkursionen: „Diese konnten nur eingeschränkt und zumeist nur in der Umgebung Wiens durchgeführt werden“, so Wagreich. Einige Laborübungen – beispielsweise das Geländepraktikum „Geologische Kartierung im Gelände und Bergbau“ – wurden im Sommer 2021 hybrid abgehalten, mit kompakten Geländeanteilen, andere mussten jedoch im Trockentraining absolviert werden. Zwar gab es auch hier kreative Lösungen – von der Drohne im Wohnzimmer bis hin zu virtuellen Exkursionen und Praktika mit 3-D-Modellen und Videos –, doch echte Geländeaktivität sei didaktisch schwer zu ersetzen.

"Viele noch nicht so richtig im Studium angekommen"

Auch Wagreich plädiert daher für möglichst viel Präsenz im Wintersemester, und zwar vor allem für all jene, die neu einsteigen oder schon mehrere „Corona“-Semester hinter sich haben. „Denn für sie ist es ganz schlimm, sie konnten bisher weder die Uni noch die Leute persönlich kennenlernen – da sind eigentlich viele noch nicht so richtig im Studium angekommen, obwohl man versucht, sie durch Mentoring in der Studieneingangsphase zu unterstützen“, erzählt Wagreich.

Das berichtet auch Franz Kerschbaum vom Institut für Astrophysik, Doktoratsstudienprogramm-Leiter und Lehrender in der Studieneingangsphase, der STEOP: „Ja, in der STEOP ist der fehlende Kontakt besonders schlimm, aber eigentlich zieht sich das Problem durch alle Phasen des Studienlebens.“ Das Persönliche und das Miteinander im Seminar oder am Arbeitsplatz seien eben für alle wichtig, auch für die Master- und Doktoratsstudierenden: „Wir lehren ja auch viel Handwerkliches – sei es im Labor, beim Kodieren, am Computer“, so Kerschbaum, und das funktioniere als „Training on the Job“ am Schreibtisch nebenan viel besser als über Online-Meetings. Aber auch Vorlesungen seien live eben einfach motivierender als online: „So brennend kann die Online-Bühnenshow gar nicht sein, dass nicht nach einer gewissen Zeit zu Hause die Ablenkung siegt“, befürchtet der Doktorats-Studienprogrammleiter.

Schwieriger Start für Doktoratsschulen

Für die im Jahr 2020 neu gegründeten Doktoratsschulen an der Universität Wien – darunter auch die Vienna International School for Earth and Space Sciences (VISESS) an der FGGA – sei es jedenfalls ein schwieriger Start gewesen, so Kerschbaum, „zum Beispiel was die internationale Mobilität und das Recruiting betrifft oder die Sozialisation neuer Studierender“. Man habe dennoch das Beste aus der Situation gemacht: „Wir haben uns bemüht, die Studierenden eben online bestmöglich miteinander und international zu vernetzen; auch der Big Picture Online-Talk zu Wissenschaftskommunikation im Juni 2021 war ein großer Erfolg“, erzählt Kerschbaum.

Hybride Herausforderungen

Generell stellt die Situation nicht nur die Studierenden, sondern auch die Lehrenden vor große Herausforderungen – und das nach wie vor: Schließlich ist Präsenz auch im Wintersemester 2021 nur möglich, wenn die Abstandsregeln eingehalten werden, und passende große Räume gibt es nur beschränkt. Dadurch müssen etliche Lehrveranstaltungen voraussichtlich „hybrid“ durchgeführt werden – ein Teil der Studierenden ist live dabei, der Rest (synchron oder asynchron) am PC zugeschaltet.
In der Umsetzung ist dieses Format, auch wenn man die technischen Schwierigkeiten außer Acht lasse, für die Lehrenden aber schwierig, erzählt Daniel Görgl, der Leiter des StudienServiceCenter Geowissenschaften, Geographie und Astronomie: „Bei Vorlesungen kann das hybride Setting gut funktionieren, aber bei interaktiven Formaten wie Seminaren ist es eine kaum lösbare Herausforderung: Die Lehrenden müssen auf ihren Vortrag, ihre Live-Zuhörer*innen vor Ort und zuhause vor den Bildschirmen sowie den Chat schauen – da kann man nie alle gleichermaßen erreichen“, so Görgl.

„Brauchen eine gute Mischung“

Ausgezeichnet funktioniert habe in der ganzen Zeit der Informationsfluss bezüglich der Maßnahmen vonseiten des Rektorates, sind sich alle einig. Auch in der Verwaltung habe es durchaus Verbesserungen gegeben: „Die Uni hat sicher einen Push bekommen, was Digitalisierung betrifft“, sagt Görgl. Prozesse wurden digitalisiert, viele Verwaltungsabläufe vereinfacht – bis hin zur Amtssignatur war unter diesen Umständen alles möglich. „Gleichzeitig hat aber der persönliche Austausch gelitten, alles ist distanzierter und so mancher E-Mail-Verkehr mühsamer, weil das gegenseitige Verständnis leidet und das Feedback zwischen den Zeilen fehlt“, erzählt Görgl. Es gab immer den Ruf nach mehr Digitalisierung und weniger Parteienverkehr, so der SSC-Leiter, „aber wenn die Kontakte dann weg sind, merkt man erst, was man verloren hat. Was wir in Zukunft brauchen, ist eine gute Mischung.“

Präsenzunterricht Universität Wien. © Universität Wien/ Barbara Mair

Ein Bild aus Vor-Corona-Zeiten - hingegen wird das aktuelle Uni-Leben auch weiterhin durch Masken geprägt sein. Doch zumindest soll wieder so viel Präsenzlehre als möglich stattfinden. © Universität Wien/ Barbara Mair

Zwar gab es auch in der Corona-Zeit einzelne Initiativen wie Wandertage der Studienvertretungen oder Treffen im Freien, doch das konnte den studentischen Alltag und die Sozialisation im Studium nicht ersetzen.

Live-Vorlesungen seien motivierender als online: „So brennend kann die Online-Bühnenshow gar nicht sein, dass nicht nach einer gewissen Zeit zu Hause die Ablenkung siegt“, befürchtet Doktoratsstudienprogramm-Leiter Franz Kerschbaum.