Die Karte am Berg: Zwischen Genauigkeit, Sicherheit und Kartenlesekompetenz

22.11.2023

Ob digitale Tourenplaner oder analog - Karten sind für die Sicherheit am Berg zentral, doch ihre Nutzung muss gesellschaftlich immer wieder neu erlernt werden. Im Rahmen des Symposiums „Die Macht der Karten“ werden am 27.11.2023 an der Universität Wien zwei Forschungsprojekte des Instituts für Geographie und Regionalforschung vorgestellt, im Zuge derer neue topographische Karten der Schneeberg-Rax-Semmering-Region sowie des Nationalparks Hohe Tauern erstellt wurden. Zudem diskutieren Vertreter*innen von Rettungsdiensten, Tourismus, Vereinen sowie Planer*innen aus der Region Schneeberg-Rax-Semmering, wie die Kartenlesekompetenz in der Gesellschaft ausgebaut werden kann.

In einer großmaßstäbigen, topografischen Karte sind alle wichtigen, geländespezifischen Gegebenheiten aus Sicht der Kartographie einzuzeichnen. Doch bei gefährdeten oder schützenswerten Objekten ist dies manchmal kontraproduktiv und – je nachdem – von der Berg- und Höhlenvereinen, Naturparks oder Tourismusbüros nicht immer erwünscht: «Schon an dieser Tatsache sieht man, dass eine Karte kein reines Abbild der Realität ist, sondern ein Kompromiss zwischen verschiedenen Stakeholdern und Kartographen darstellt», erklärt Karel Kriz von der Arbeitsgruppe Kartographie und Geoinformation des Instituts für Geographie und Regionalforschung an der Uni Wien. Gleichzeitig sind Karten selbst Machtinstrumente: «Sie prägen unsere Vorstellungen, beeinflussen politische und soziale Strukturen und helfen uns gleichzeitig, uns in der Welt zu orientieren», so Kriz.

Topographische Karten für Schneeberg-Rax und Hohe Tauern

Unter Leitung von Kartograph Kriz wurden in den letzten Jahren in zwei Forschungsprojekten neue topographische Karten der Schneeberg-Rax-Semmering-Region („TopoMap Schneeberg Rax Semmering“) sowie des Nationalparks Hohe Tauern („TopoMap Nationalpark Hohe Tauern“) erstellt. Die Ergebnisse werden nun im Rahmen eines Symposiums am 27. November 2023 an der Universität Wien im NIG, Hörsaal I vorgestellt und mit Vertreter*innen von Rettungsdiensten, Tourismus, Vereinen sowie Planer*innen aus der Region Schneeberg-Rax-Semmering diskutiert.

Generell seien Karten, ob digital oder analog, wertvolle Werkzeuge für die Planung, Navigation, Entscheidungsfindung in Notsituationen sowie für räumliche Analysen. „Jeder von uns nutzt sie fast täglich - vorausgesetzt natürlich, wir verfügen über die Fähigkeiten, sie zu lesen, zu interpretieren und zu verstehen“, so Kriz.

 

Gesellschaftliche Leseschwächen

In Bezug auf analoge Karten kommt es jedoch zunehmend zu gesellschaftlichen Leseschwächen, sagt Csaba Szépfalusi, Alpinjournalist und aktives Mitglied im Team Bergsport des Alpenvereins: «Die Karte ist am Berg Navigationshilfsmittel Nummer eins – je besser man mit ihr umgehen kann, desto weniger ist man von technischen Hilfsmitteln abhängig. Umso erstaunlicher und ernüchternder ist, dass bei der sinnerfassenden Kartenlesekompetenz leider bei vielen große Defizite feststellbar sind.»

Um die Sicherheit am Berg zu erhöhen, müsse daher die Fähigkeit, Karten richtig zu nutzen, in unserer Gesellschaft neu erlernt werden. Doch auch neue Geokommunikationsmittel – beispielsweise digitale Tourenplaner seien dabei zu berücksichtigen: «Karten, analog oder digital verwendet, bedeutet ein sowohl als auch und nicht ein entweder oder – beide Anwendungskompetenzen sind wichtig», betont Martin Heintel vom Institut für Geographie und Regionalforschung.

Grundlage für selbstbestimmtes Orientieren im Raum

Für die Geographin Elisabeth Stix, die 2011 und 2021 am Österreichischen Raumentwicklungskonzept beteiligt war, sind qualitativ hochwertige Karten «ein absolutes Muss für ein freies, selbstbestimmtes Orientieren im Raum»: «Die Herausforderungen in den Bergen liegen vor allem in der Orientierung, der Selbsteinschätzung, der Auseinandersetzung mit den Wetterbedingungen und der Beachtung alpiner Gefahren.»

Insgesamt seien Karten perfekte Begleiterinnen für alle Outdoor-Aktivitäten: „Karten sind äußerst vielseitige und wertvolle Hilfsmittel, die uns helfen, die Welt um uns herum besser zu verstehen und zu nutzen – ihr Einsatz ist aber eben nicht immer ein Selbstläufer, was sich auch in den wiederkehrenden Berichten Bergrettungsorganisationen zeigt“, sagt Kriz.

Im Rahmen des Symposiums „Die Macht der Karte“ am 27. November 2023 findet eine Podiumsdiskussion mit Vertreter*innen von Rettungsdiensten, Tourismus, Vereinen, Planung und Wissenschaft aus der Region Schneeberg-Rax-Semmering statt.


Symposium "Die Macht der Karten"

Zeit: Montag, 27. November 2023, 19.00 bis 21.00 Uhr
Ort: Universität Wien, NIG, HS I, Universitätsstraße 7, 1010 Wien
Anmeldung: https://www.bergundkarte.at/#symposium

Diese Veranstatung wird von Universität Wien, Institut für Geographe und Regionalforschung, Arbeitsgruppe Kartographie und Geoinformation gemeinsam mit der ÖGG, ÖVAG, ÖKK und berg&karte koordiniert und durchgeführt. Der Eintritt ist frei. Um Anmeldung wird gebeten.

  • Programm
  • 19:00 Begrüßung, Einführung, Grußworte
  • 19:15 Vortrag „Die Macht der Karten“ (Karel Kriz)
  • 19:45 Podiumsdiskussion (Moderation Martin Heintel): Welche Rollen spielen Karten in unserer Gesellschaft?
  • 20:30 offene Diskussion
  • 21:00 Ende der Veranstaltung

  • Organisation UNIVIE, IFGR, ÖGG, ÖVAG, ÖKK
  • Informationen und Registrierung

 

Weiterführende Informationen


Wissenschaftlicher Kontakt / Rückfragehinweis

Ass. Prof. Mag. Dr. Karel Kriz
Institut für Geographie und Regionalforschung, Universität Wien
1010 Wien, Universitätsstraße 7
M +43-664-8175265
karel.kriz@univie.ac.at 
www.univie.ac.at

Im Rahmen des Symposiums „Die Macht der Karte“ am 27. November 2023 im NIG der Universität Wien werden die Ergebnisse der Forschungsprojekte TopoMap Schneeberg-Rax-Semmering sowie TopoMap Hohe Tauern präsentiert. Zudem findet eine Podiumsdiskussion mit Vertreter*innen von Rettungsdiensten, Tourismus, Vereinen, Planung und Wissenschaft aus der Region Schneeberg-Rax-Semmering statt.

Karel Kriz (C) Markus Breier

Wissenschaftlicher Kontakt:

Ass. Prof. Mag. Dr. Karel Kriz

Institut für Geographie und Regionalforschung, Universität Wien

M +43-664-8175265

karel.kriz@univie.ac.at

Foto: (C) Markus Breier