AMooRe: Über 44 Millionen Euro für den Moorschutz in Österreich

AMooRe: Über 44 Millionen Euro für den Moorschutz in Österreich

01.02.2024

Mit Jänner 2024 startete das größte Moorprojekt Österreichs mit dem Titel „LIFE AMooRe – Austrian Moor Restoration“. Anlässlich des heurigen Weltfeuchtgebietstags wurde das Projekt in einer Pressekonferenz durch Ministerin Leonore Gewessler (BMK), Sektionschefin Monika Mörth (BML) sowie Vertreter*innen der beteiligten Länder der Öffentlichkeit präsentiert. Vonseiten der Universität Wien ist Stephan Glatzel vom Institut für Geographie und Regionalforschung am Projekt beteiligt.

Das Projekt AMooRe zielt darauf ab, die Umsetzung der Moorstrategie Österreich 2030+  in Gang zu bringen - einerseits durch direkte Maßnahmensetzung innerhalb des Projekts, andererseits durch die Erarbeitung der notwendigen Grundlagen sowie Handlungs- und Entscheidungsmechanismen für die weitere Umsetzung nach Projektende bis 2050.

Das Gemeinschaftsprojekt von Bund, Ländern und Wissenschaft wird durch das EU-Förderprogramm LIFE ko-finanziert. Mehr als 44 Millionen Euro sollen so in den nächsten zehn Jahren in den Moorschutz investiert werden.

"Das Beste, was Österreichs Mooren passieren konnte"

Vonseiten der Universität Wien ist Stephan Glatzel, Leiter der Arbeitsgruppe Geoökologie am Institut für Geographie und Regionalforschung, am Projekt beteiligt. Das LIFE-Projekt sei nicht nur das "Beste, was Österreichs Mooren passieren konnte", sondern auch "für die Forschung von größter Bedeutung", so Glatzel: "Im Rahmen von AMooRe wird erstmals in einer großen Anzahl von Mooren in Österreich ein einheitliches Monitoring etabliert und wir gewinnen wertvollste Erfahrungen über standortangepasste Techniken zur Revitalisierung der Moore und der Erfolge dieser Maßnahmen. Eine besondere Relevanz hat hier das großflächige hydrologische Monitoring der Moore, das essentielle Erkenntnisse zur Bedeutung des Klimawandels in Mooren und der Landnutzung im Umfeld dieser Moore liefern wird."

Forschung zu Kohlenstoffspeicherung und Treibhausgas-Freisetzung

Die Universität Wien konzentriert sich in ihrem Beitrag insbesondere auf die Erforschung der Emissionsfaktoren zur Kohlenstoffspeicherung und zur Freisetzung von Treibhausgasen, erklärt der Geoökologe: "Ein so großes Projekt wie Amoore erfordert eine starke Arbeitsteilung, damit jeder Partner seine Stärken einbringen kann. Die Stärke unserer Arbeitsgruppe an der Universität Wien, der AG Geoökologie, ist die Erforschung des Kohlenstoffumsatzes in Mooren. Daher ist es nur folgerichtig, dass wir Emissionsfaktoren zur Kohlenstoffspeicherung und der Treibhausgasfreisetzung von naturnahen und gestörten Mooren sowie von land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen auf Moorböden erstellen."

Diese Emissionsfaktoren beschreiben in einer einzigen Zahl (CO2-Äquivalente pro Hektar und Jahr Freisetzung oder Speicherung) die Klimarelevanz dieser Nutzungen bzw. Nicht-Nutzungen. "Außer im Pürgschachen Moor, wo wir dies bereits bestimmt haben, gibt es derzeit keine Moor-Emissionsfaktoren in Österreich", erklärt Glatzel. Dies sei ein großes Hemmnis für die Wiedervernässung von Mooren. "Wir erwarten daher, dass die Emissionsfaktoren weitere Wiedervernässungen zur Folge haben werden. Des Weiteren sind diese Emissionsfaktoren die Voraussetzung für die korrekte Einordnung der Klimarelevanz der im Projekt unternommenen Revitalisierungen", so Glatzel weiter.

Besorgniserregender Erhaltungszustand

Österreich besitzt in etwa 30.000 ha Moore, jedoch ist der Erhaltungszustand dieser Flächen besorgniserregend. Diese kritische Situation erfordert substanzielle Veränderungen auf vielen Ebenen.

Mit der von UN und EU 2021 eingeleiteten Dekade zur Wiederherstellung unserer Ökosysteme, sind die Mitgliedstaaten nun ermutigt, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen und im Zuge dessen auch die Situation ihrer Moore zu verbessern. Vor diesem Hintergrund wurde die Moorstrategie Österreich 2030+ erstellt, in der sämtliche notwendigen Handlungsfelder für einen langfristigen Moorschutz in Österreich in einem breiten Partizipationsprozess erarbeitet wurden.

Das Projekt wurde ins Leben gerufen, um die Umsetzung der Moorstrategie zu initiieren und damit einen flächigen Moorschutz in Österreich zu ermöglichen. Nur ein intaktes Moor kann seinen vielfältigen Ökosystemfunktionen nachkommen. So sind diese Flächen nicht nur für den Klimaschutz bedeutend, indem sie Kohlenstoff speichern, sondern leisten auch wesentlich einen Beitrag zur Klimawandelanpassung.

Wichtig für den Hochwasserschutz

Für den Hochwasserschutz sind intakte Moore wichtige natürliche Retentionsflächen, die Überschwemmungen abmildern können, indem sie Wasser speichern und dann langsam wieder abgeben. Diese Funktion ist gerade in Zeiten erhöhten Aufkommens von Starkniederschlägen bedeutend, da diese überall und jederzeit auftreten können. Außerdem spielen sie eine wichtige Rolle in Wasserkreisläufen und tragen zur Sicherung unseres Trinkwassers bei. Daneben sind Moore Lebensraum vieler spezialisierter und bedrohten Tier- und Pflanzenarten.

Das Gemeinschaftsprojekt AMooRe von Bund, Ländern und Wissenschaft wird durch das EU-Förderprogramm LIFE ko-finanziert. Mehr als 44 Millionen Euro sollen so in den nächsten zehn Jahren in den Moorschutz investiert werden. Foto: Gert Michael Steiner


Libelle im Moor. CC, Superbamboe on Pixabay

Am 5. Februar 2024, 20:15, sendet 3sat den Film "Geheimnisvolle Moorlandschaften", der mit Beteiligung der Arbeitsgruppe Geoökologie von Stephan Glatzel gedreht wurde. Empfehlung! Mehr


Die Universität Wien konzentriert sich innerhalb dieses Großprojekts darauf, die Erforschung der Emissionsfaktoren zur Kohlenstoffspeicherung und zur Freisetzung von Treibhausgasen zu erforschen, erklärt Stephan Glatzel, Leiter der Arbeitsgruppe Geoökologie am Institut für Geographie und Regionalforschung. Foto: Stephan Glatzel


Nachlese: Warum wir das Ökosystem Moor jetzt schützen müssen

Moore sind unterschätzt – dabei sind sie Hochwasserschutz, Dürreversicherung, Kläranlage und Kohlenstoffspeicher in einem. Welche gravierenden Konsequenzen das zunehmende Moorsterben für uns alle hat, erklärt Uni Wien-Geoökologe Stephan Glatzel in der Rudolphina.

Foto: Mariusz Lamentowicz


Das Projekt

LIFE AMooRe soll gemeinsam mit allen direkt und indirekt Betroffenen die entscheidenden Mechanismen auf Basis von Good-Practice-Projekten entwickeln. Damit werden im Projekt kombiniert strategische und praktische Maßnahmen kombiniert. Der Schutz der Moore und Torfböden liegt im Wesentlichen im Verantwortungsbereich der Bundesländer, allerdings finden viele Prozesse auf einer übergeordneten Ebene statt. Es gilt daher gezielt Schnittstellen zwischen allen Ebenen einzurichten bzw. vorhandene zu erweitern. Handlungsprioritäten sind zu definieren und langfristige Finanzierungsmodelle zu entwickeln.

Vorhandene Widersprüche auf Verwaltungsebene sollen ausgeräumt und der Moor- und Torfbodenschutz der gesellschaftlichen Relevanz folgend verstärkt berücksichtigt werden. Da der Schwerpunkt bislang bei der Wiedervernässung von Hochmooren lag, bestehen Wissensdefizite (z.B. Niedermoore), die gezielt aufgearbeitet werden müssen. Durch die Bündelung von Fachwissen und anhand der zahlreichen, fachlich breit ausgerichteten Umsetzungsprojekte soll der angewandte Moorschutz in Österreich professionalisiert werden.

Ausgewählte Maßnahmen

  • Governance: Austausch und Einbindung der Fachbereiche Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft, Erwerbsgartenbau, Wasserwirtschaft, Klimapolitik, Raumplanung und Tourismus sowie Erarbeitung gemeinsam tragbarer Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen zu konkreten Fragestellungen im Moorschutz
  • Wissensaufbau durch Erarbeitung von Handlungsgrundlagen für den Moorschutz und Wissenstransfer an Umsetzende
  • Umsetzung durch Good-Practice-Projekte in rund 40 Moorgebieten in Österreich auf einer Fläche von ca. 1.400 ha, davon ca. 1.165 ha begünstigte Fläche mit 13 verschiedenen Lebensraumtypen und 37 Arten von hohem Naturschutzwert
  • Monitoring der Umsetzungsprojekte und der Umsetzung der Moorstrategie
  • Projektbegleitende Öffentlichkeitsarbeit und Networking

Projektpartner

  • Projektleitung: Amt der Vorarlberger Landesregierung – Abteilung Umwelt- und Klimaschutz
  • Projektpartner: insgesamt 13
    • Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (BML), Abteilung I/6 - Hochwasserrisikomanagement
    • Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK), Abteilung V/10 - Nationalparks, Natur- und Artenschutz
    • Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, Abteilung Naturschutz
    • Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, Abteilung Naturschutz
    • Amt der Salzburger Landesregierung, Abteilung Natur- und Umweltschutz
    • Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Abteilung Umwelt- und Raumordnung
    • Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Umweltschutz
    • Amt der Vorarlberger Landesregierung, Abteilung Umwelt- und Klimaschutz
    • Universität Wien
    • Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
    • 3 Assoziierte Partner: Stadt Wien, Amt der Burgenländischen Landesregierung und Amt der Kärntner Landesregierung
  • Projektdauer: 10 Jahre (1. Jänner 2024 - 31. Dezember 2033)
  • Gesamtprojektkosten:  44,23 Millionen Euro (davon 60% EU-Förderung)
  • EU-Förderprogramm: LIFE, Teilprogramm Natur und Biodiversität
  • Projektnummer: LIFE22-IPN-AT-LIFE AMooRe (101104368)

Arbeitsgruppe Geoökologie am Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien

  • Die Arbeitsgruppe Geoökologie erforscht die Funktionsweise von Ökosystemen in verschiedenen räumlichen und zeitlichen Skalen und versucht, physikalische, chemische und biologische Parameter, die den Stoffumsatz (Kohlenstoff, Stickstoff, Phosphor) auf Landschaftsebene steuern, zu identifizieren. Ein besonderer Fokus liegt auf der Erforschung von Vegetation und Böden, da sie gegenwärtige und vergangene Umweltzustände erklären. Hierfür verwendet die Forschung der Arbeitsgruppe bodenkundliche, ökophysiologische und mikrometeorologische Methoden im geographischen Kontext. Mehr
  • Zur Core Facility Long Term Wetland Ecosystem Research 
  • Zu den laufenden Projekten der Arbeitsgruppe

Die Eddy-Kovarianz-Messanlage am Neusiedlersee ist Teil der LTWER Core Facility der Universität Wien. Foto: Alexander Bachmayer

 Video zur Wetland Forschung am Neusiedler See