In einer großmaßstäbigen, topografischen Karte sind alle wichtigen, geländespezifischen Gegebenheiten aus Sicht der Kartographie einzuzeichnen. Doch bei gefährdeten oder schützenswerten Objekten ist dies manchmal kontraproduktiv und – je nachdem – von der Berg- und Höhlenvereinen, Naturparks oder Tourismusbüros nicht immer erwünscht: «Schon an dieser Tatsache sieht man, dass eine Karte kein reines Abbild der Realität ist, sondern ein Kompromiss zwischen verschiedenen Stakeholdern und Kartographen darstellt», erklärt Karel Kriz von der Arbeitsgruppe Kartographie und Geoinformation des Instituts für Geographie und Regionalforschung an der Uni Wien. Gleichzeitig sind Karten selbst Machtinstrumente: «Sie prägen unsere Vorstellungen, beeinflussen politische und soziale Strukturen und helfen uns gleichzeitig, uns in der Welt zu orientieren», so Kriz.
Topographische Karten für Schneeberg-Rax und Hohe Tauern
Unter Leitung von Kartograph Kriz wurden in den letzten Jahren in zwei Forschungsprojekten neue topographische Karten der Schneeberg-Rax-Semmering-Region („TopoMap Schneeberg Rax Semmering“) sowie des Nationalparks Hohe Tauern („TopoMap Nationalpark Hohe Tauern“) erstellt. Die Ergebnisse werden nun im Rahmen eines Symposiums am 27. November 2023 an der Universität Wien im NIG, Hörsaal I vorgestellt und mit Vertreter*innen von Rettungsdiensten, Tourismus, Vereinen sowie Planer*innen aus der Region Schneeberg-Rax-Semmering diskutiert.
Generell seien Karten, ob digital oder analog, wertvolle Werkzeuge für die Planung, Navigation, Entscheidungsfindung in Notsituationen sowie für räumliche Analysen. „Jeder von uns nutzt sie fast täglich - vorausgesetzt natürlich, wir verfügen über die Fähigkeiten, sie zu lesen, zu interpretieren und zu verstehen“, so Kriz.
Gesellschaftliche Leseschwächen
In Bezug auf analoge Karten kommt es jedoch zunehmend zu gesellschaftlichen Leseschwächen, sagt Csaba Szépfalusi, Alpinjournalist und aktives Mitglied im Team Bergsport des Alpenvereins: «Die Karte ist am Berg Navigationshilfsmittel Nummer eins – je besser man mit ihr umgehen kann, desto weniger ist man von technischen Hilfsmitteln abhängig. Umso erstaunlicher und ernüchternder ist, dass bei der sinnerfassenden Kartenlesekompetenz leider bei vielen große Defizite feststellbar sind.»
Um die Sicherheit am Berg zu erhöhen, müsse daher die Fähigkeit, Karten richtig zu nutzen, in unserer Gesellschaft neu erlernt werden. Doch auch neue Geokommunikationsmittel – beispielsweise digitale Tourenplaner seien dabei zu berücksichtigen: «Karten, analog oder digital verwendet, bedeutet ein sowohl als auch und nicht ein entweder oder – beide Anwendungskompetenzen sind wichtig», betont Martin Heintel vom Institut für Geographie und Regionalforschung.
Grundlage für selbstbestimmtes Orientieren im Raum
Für die Geographin Elisabeth Stix, die 2011 und 2021 am Österreichischen Raumentwicklungskonzept beteiligt war, sind qualitativ hochwertige Karten «ein absolutes Muss für ein freies, selbstbestimmtes Orientieren im Raum»: «Die Herausforderungen in den Bergen liegen vor allem in der Orientierung, der Selbsteinschätzung, der Auseinandersetzung mit den Wetterbedingungen und der Beachtung alpiner Gefahren.»
Insgesamt seien Karten perfekte Begleiterinnen für alle Outdoor-Aktivitäten: „Karten sind äußerst vielseitige und wertvolle Hilfsmittel, die uns helfen, die Welt um uns herum besser zu verstehen und zu nutzen – ihr Einsatz ist aber eben nicht immer ein Selbstläufer, was sich auch in den wiederkehrenden Berichten Bergrettungsorganisationen zeigt“, sagt Kriz.
Im Rahmen des Symposiums „Die Macht der Karte“ am 27. November 2023 findet eine Podiumsdiskussion mit Vertreter*innen von Rettungsdiensten, Tourismus, Vereinen, Planung und Wissenschaft aus der Region Schneeberg-Rax-Semmering statt.
Symposium "Die Macht der Karten"
Zeit: Montag, 27. November 2023, 19.00 bis 21.00 Uhr
Ort: Universität Wien, NIG, HS I, Universitätsstraße 7, 1010 Wien
Anmeldung: https://www.bergundkarte.at/#symposium
Diese Veranstatung wird von Universität Wien, Institut für Geographe und Regionalforschung, Arbeitsgruppe Kartographie und Geoinformation gemeinsam mit der ÖGG, ÖVAG, ÖKK und berg&karte koordiniert und durchgeführt. Der Eintritt ist frei. Um Anmeldung wird gebeten.
Programm
- 19:00 Begrüßung, Einführung, Grußworte
- 19:15 Vortrag „Die Macht der Karten“ (Karel Kriz)
- 19:45 Podiumsdiskussion (Moderation Martin Heintel): Welche Rollen spielen Karten in unserer Gesellschaft?
- 20:30 offene Diskussion
- 21:00 Ende der Veranstaltung
- Organisation UNIVIE, IFGR, ÖGG, ÖVAG, ÖKK
- Informationen und Registrierung
Weiterführende Informationen
- Forschungsprojekt „TopoMap Schneeberg Rax Semmering“
- Forschungsprojekt „TopoMap Nationalpark Hohe Tauern“
- Tourenkarte TopoMap Schneeberg-Rax-Semmering
Wissenschaftlicher Kontakt / Rückfragehinweis
Ass. Prof. Mag. Dr. Karel Kriz
Institut für Geographie und Regionalforschung, Universität Wien
1010 Wien, Universitätsstraße 7
M +43-664-8175265
karel.kriz@univie.ac.at
www.univie.ac.at