Josef Zemann wurde am 25.Mai 1923 in Wien geboren. Trotz schwieriger wirtschaftlicher Verhältnisse in der damaligen Zeit gelang es seinen Eltern, ihm den Besuch das Gymnasiums zu ermöglichen. Im Herbst 1941 begann er ein Studium an der Universität, Wien, das ihn bald an das damalige Institut für Mineralogie führte, wo er 1946 bei Prof. Machatschki promovierte. Er war hier als Assistent tätig und habilitierte 1950.
Faszination Kristallographie und Kristallchemie
Begeistert von der Kristallographie begann Josef Zemann im Studienjahr 1951/52 einen Forschungsaufenthalt am MIT in Boston im Labor von Martin J. Bürger, einem der Vorreiter der modernen geowissenschaftlichen Röntgenkristallographie. Schon 1952 erhielt er im Alter von nur 29 Jahren einen Ruf an die Universität Göttingen als Direktor des Mineralogisch-Kristallographischen Instituts. 1967 folgte er dem Ruf auf den Lehrstuhl für Mineralogie und Kristallographie an der Universität Wien, das er letztendlich 22 Jahre lang bis zu seiner Emeritierung 1989 leitete.
Die Publikationen aus seiner ersten Schaffensperiode in Wien, Boston und Göttingen sind von der gezielten Anwendung der Röntgenstrukturanalyse zur Ermittlung der Struktur- und Kristallchemie verschiedenster Minerale geprägt. Insbesondere waren seine Arbeiten über die Stereochemie von Tellur(IV)-Sauerstoffverbindungen bahnbrechend. Die Berechnung elektrostatischer Gitterenergien, sowie Infrarot-spektroskopische Untersuchungen von Mineralen runden sein breites wissenschaftliches Erbe ab. Die Stereochemie des zweiwertigen Kupfers in oxidischen Mineralen, der sogenannte Jahn-Teller Effekt, aber auch zahlreiche Arbeiten zur Kristallchemie von Karbonaten belegen seine große Liebe zur mineralogischen Kristallographie, die auch im Zentrum seiner „Zweiten Wiener Schaffensperiode“ stand.
Auszeichnungen und unermüdlicher Schaffensdrang
Seine stete wissenschaftliche Neugierde und ein bemerkenswerter, unermüdlicher Schaffensdrang waren für viele Generationen an Wissenschaftlern prägend und von unglaublicher Vorbildwirkung. Sein mehr als 180 Publikationen umfassendes Werk ist insofern bemerkenswert als es eine Schaffensperiode von mehr als einem halben Jahrhundert (1948-2003) umfasst, und neben Fachartikeln auch viel zitierte Bücher und Buchkapiteln beinhaltet.
Die Bedeutung seines wissenschaftlichen Werkes wurde durch zahlreiche Auszeichnungen gewürdigt, so erhielt er unter anderem die Abraham-Gottlob-Werner Medaille der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, den Erwin-Schrödinger-Preis oder den Gustav-von Tschermak-Seysenegg-Preis der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, um nur einige zu nennen. Außerdem war er Mitglied, Ehrenmitglied bzw. Ehrenpräsident mehrerer Mineralogischer Gesellschaften Europas, Wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, sowie Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina.
Institutsleiter über 22 Jahre
Als langjähriger Institutsleiter war Josef Zemann viele Jahre der Alma Mater Rudolphina tief verbunden. Er war ein verehrter akademischer Lehrer sowie ein steter Förderer und Mentor des wissenschaftlichen Nachwuchses und bleibt uns als solcher im Gedächtnis. Josef Zemann vermochte es durch seinen unermüdlichen Schaffensdrang Generationen von Mineralogen und Kristallographen zu inspirieren und zu begeistern. Auch nach seiner Emeritierung war seine schier grenzenlose Erfahrung eine wahre Fundgrube für viele Fragestellungen.
Am Abend des 16. Oktobers ist Josef Zemann, im 100. Lebensjahr, sanft und friedlich entschlafen. Seine Person, sein unermüdliches Engagement, sein scharfer Beobachtungssinn, aber auch seine Liebenswürdigkeit und sein Humor bleiben unvergesslich.
Unsere Gedanken sind bei seinem Sohn Josef, dessen Familie, und seinen Freunden.