Warum der Atlantik immer breiter wird - mit Video

Warum der Atlantik immer breiter wird - mit Video

15.02.2021

Ein Forschungsteam unter Beteiligung von Saikiran Tharimena vom Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Wien veröffentlichte in „Nature“ die Ergebnisse eines groß angelegten Experiments am Mittelatlantischen Rücken. Die Seismolog*innen konnten zeigen, dass Material aus rund 600 Kilometern Tiefe, also aus dem tieferen Erdmantel, aktiv nach oben drückt.

Rund vier Zentimeter pro Jahr bewegen sich die amerikanischen Platten und die eurasische bzw. afrikanische Platte auseinander. Dazwischen, am Mittelatlantischen Rücken, steigt Material aus tieferen Schichten auf und füllt den Raum zwischen den Platten aus.

Warum aber driften die atlantischen Platten auseinander? Gängige Lehrmeinung war bisher, dass solche Prozesse in Gang gesetzt werden, wenn dichtere Teile von Platten zurück in die Erde sinken, wodurch sich an der anderen Seite der Platte ein Spalt bildet. Doch der Atlantische Ozean ist nicht von dichten, absinkenden Platten umgeben: Die treibende Kraft hinter der Drift der atlantischen Platten war bisher ein Rätsel.

Auftrieb aus dem Erdmantel

Mit einem groß angelegten Experiment, dessen Ergebnisse im Fachjournal Nature veröffentlicht wurden, machte ein Forschungsteam nun diese treibende Kraft aus: „Der Druck von Material aus rund 600 Kilometern Tiefe, also aus dem tieferen Erdmantel drückt die Platten nach oben“, erklärt Saikiran Tharimena vom Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Wien und zuvor als Postdoc an der Universität Southampton maßgeblich an diesem Projekt beteiligt. Bisher ging man davon aus, dass Aufwölbungen unter dem Mittelatlantischen Rücken aus viel geringeren Tiefen von etwa 60 km stammen.

 Projekt-Video auf Youtube


Die Beweise für diesen Auftrieb aus dem tieferen Erdmantel, der Schicht zwischen Erdkruste und Erdkern, hat das Seismolog*innen-Team unter der Leitung der Universität Southampton mithilfe von 39 Seismometern am Grund des Atlantiks gefunden.

Seismometer am Meeresgrund befestigt

Die Daten der Seismometer, die auf zwei Forschungsfahrten als Teil des PI-LAB (Passive Imaging of the Lithosphere-Asthenosphere Boundary)-Experiments und EURO-LAB (Experiment to Unearth the Rheological Oceanic Lithosphere-Asthenosphere Boundary) am Grund des Atlantiks befestigt wurden, liefern die erste großflächige und hochauflösende Abbildung des Mantels unter dem Mittelatlantischen Rücken.

„Dies ist eines der wenigen Experimente dieser Größenordnung, die jemals in den Ozeanen durchgeführt wurden, und ermöglichte es, Variationen in der Struktur des Erdmantels in Tiefen von 410 km bis 660 km abzubilden“, erklärt Tharimena. Das beobachtete Signal deutete jedenfalls auf einen tiefen, trägen und unerwarteten Auftrieb aus dem tieferen Erdmantel hin.

Bildergalerie PI-LAB

Naturkatastrophen besser vorhersagen

„Die Ergebnisse ermöglichen uns ein besseres Verständnis der Plattentektonik, die viele Naturkatastrophen auf der ganzen Welt verursacht – Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüche können damit hoffentlich auch besser vorhergesagt werden“, so Tharimena. Die Plattentektonik beeinflusst auch den Meeresspiegel und damit die Schätzungen von Klimawandel über geologische Zeitskalen.
Das Experiment wurde vom NERC (Natural Environment Research Council, UK) und dem ERC (European Research Council) finanziert. Hauptautor der Studie war Matthew Agius, ein ehemaliger Post-Doktorand an der University of Southampton und derzeit an der Università degli studi Roma Tre; Kate Rychert und Nick Harmon von der University of Southampton und Mike Kendall von der Oxford Universität leiteten das Experiment und die Forschungsfahrten.