Die Arbeitsgruppe Bevölkerung, Umwelt und Entwicklung des Instituts für Geographie und Regionalforschung ist zentraler Partner im HABITABLE-Projekt, das von der EU im Rahmen von Horizon 2020 gefördert wird. „Ziel des Projekts, das nun im September startet, ist es, die Auswirkungen des Klimawandels auf Migrations- und Fluchtbewegungen besser zu verstehen“, erklärt Patrick Sakdapolrak, Leiter der Arbeitsgruppe und PI für die Universität Wien. Dabei verbindet HABITABLE die Konzepte der Bewohnbarkeit (habitability) und der sozialen Kipp-Punkte (social tipping points), um zu analysieren, wie Umwelt- und soziale Veränderungen in Verbindung stehen und welchen Rolle Mobilität dabei spielt.
Wann das System kippt
„Umweltveränderungen führen nicht zwangsläufig zu Migration“, schildert Marion Borderon aus dem Wiener Projektteam. Vielmehr würden die jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnisse maßgeblich mitbestimmen, ob Menschen vor Ort Anpassungsstrategien an den Klimawandel entwickeln und ob diese erfolgreich sind. „Ob das System kippt, hängt nicht nur von den klimatischen und ökologischen Bedingungen ab, sondern auch vom sozialen und wirtschaftlichen System“, erklärt die Geographin, die in verschiedenen Ländern des Globalen Südens den Zusammenhang zwischen Migration, Umwelt und Bevölkerung erforscht hat, zuletzt in Äthiopien.
Harald Sterly, der im Rahmen des Projektes in Thailand forscht, ergänzt: „Der Wegzug von ganzen Haushalten kann durchaus eine Reaktion auf radikal verschlechterte Umweltbedingungen oder das Zusammenbrechen von lokalen Lebenshaltungssystemen sein, oder wenn tatsächlich keine Anpassung mehr vor Ort möglich ist.“ Das sei aber – noch – selten; weitaus häufiger würden einzelne Haushaltsmitglieder migrieren und in Industrie oder Tourismus arbeiten, um dann mit Rücküberweisungen aus der Stadt den ländlichen Haushalt zu unterstützen. Die sozialen Kipp-Punkte in verschiedenen regionalen Kontexten sollen im Rahmen des Projekts HABITABLE untersucht und verglichen werden.
Gesamtbudget von 6,8 Millionen Euro
Mit einem Gesamtbudget von 6,8 Millionen Euro ist HABITABLE das größte je von der EU geförderte Forschungsprojekt zum Thema Klimawandel und Migration. Patrick Sakdapolrak, Marion Borderon und Harald Sterly von der Wiener Arbeitsgruppe werden das Arbeitspaket zu den Auswirkungen von Migration (migration impacts) leiten und darüber hinaus zu mehreren anderen Arbeitspaketen beitragen.
In HABITABLE werden 20 Partner aus verschiedenen Disziplinen aus 17 Ländern auf 3 Kontinenten zusammenarbeiten. Das Konsortium umfasst Universitäten, Think Tanks, NGOs und internationale Organisationen aus Europa, Westafrika, dem südlichen Afrika, Ostafrika und Südostasien. Geleitet wird das Konsortium vom Hugo Observatorium an der Universität Liège in Belgien. Mit HABITABLE und AGRUMIG ist die Wiener Arbeitsgruppe an zwei wichtigen EU-finanzierten Migrationsprojekten beteiligt und bringt ihre Expertise zur translokalen Resilienz in eine dynamische Forschungsgemeinschaft ein.
Zum Projekt
- Projekttitel: HABITABLE - Linking Climate Change, Habitability and Social Tipping Points: Scenarios for Climate Migration
- Projektstart: 1. September 2020
- Konsortiums-Leitung: Hugo Observatorium, Universität Liège, Belgien
- Konsortium: University of Liège (BE), University of Vienna (AT), Potsdam Institute for Climate Impact Research (DE), University of Exeter (UK), Internal Displacement Monitoring Center (IDMC) (NO), Lund University (SW), La Sapienza Università di Roma (IT), Adelphi (DE), Université de Neuchâtel (CH), Institut de Recherche pour le Développement (FR), Council of Scientific and Industrial Research (ZA), United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO) (FR), University of Ghana (GH), CARE France (FR), University of Twente (NL), Université Cheikh Anta Diop (SN), Stockholm Environment Institute Asia (SW), Raks Thai Foundation (TH), University of Addis Ababa (ET), Institut National de la Statistique du Mali (ML).
- Projektbeschreibung: Universität Liège ; CORDIS