Spirale aus Klimaerwärmung und Lachgas-Emissionen

05.02.2021

Einem interdisziplinären Forscherteam unter Beteiligung von Stephan Glatzel von der Uni Wien ist es gelungen, die Emissionen des Treibhausgases Distickstoffoxid (N2O) – auch bekannt als Lachgas - detaillliert zu untersuchen. Die gemeinsame Studie der Uni Innsbruck, BOKU und der Universität Wien zeigt, dass Dürren, die durch die Klimaerwärmung auch in Österreich immer häufiger werden, maßgeblich daran beteiligt sind, dass sich immer mehr Lachgas in der Atmosphäre ansammelt – was wiederum die Klimaerwärmung verstärkt.

Distickstoffoxid (N2O), allgemein als Lachgas bekannt, ist ein starkes Treibhausgas, dessen atmosphärische Wachstumsrate sich in den letzten zehn Jahren beschleunigt hat – und zur Erderwärmung und Ozonzerstörung führt.

Was man bereits wusste: Ein großer Anteil der N2O-Emissionen resultiert aus dem im Boden enthaltenen Stickstoff, der über verschiedene abiotische und biologische Prozesse in N2O umgewandelt wird. Eine aktuelle Studie zeigt jetzt, dass die Wiederbefeuchtung von Böden nach extremer Trockenheit zu großen N2O-Emissionen führt - und schon in Dürreperioden signifikante N2O-Emissionen entstehen.

Diese Entdeckung hat das Zusammenspiel zweier Projekte möglich gemacht: das vom FWF geförderte Projekt NitroTrace und das vom FFG geförderte Projekt LTER-CWN (Long Term Ecosystem Research for Carbon, Water and Nitrogen), das von Stephan Glatzel vom Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien koordiniert wird.

Bodenblöcke aus dem Tiroler Stubaital

Für die Studie wurden von einer Alm im Tiroler Stubaital Bodenblöcke (sogenannte Grünlandmonolithen) entnommen und im botanischen Garten der Universität Innsbruck extremer Trockenheit und einer anschließender Wiederbefeuchtung ausgesetzt. Diese Wetterbedingungen spiegeln die klimatischen Veränderungen wider, denen viele Regionen der Erde, darunter auch die Alpen, zunehmend ausgesetzt sind. „Unser Ziel war es, den Nettoeffekt von Trockenheit und Wiederbefeuchtung auf den Entstehungsprozess von N2O und seine Emissionen zu quantifizieren, der derzeit weitgehend unerforscht ist“, so Eliza Harris und Michael Bahn von der Forschungsgruppe Funktionelle Ökologie an der Uni Innsbruck.

Entgegen der Lehrmeinung hat der Prozess der Nitrifikation, also der Umwandlung von Ammonium in Nitrat, der bei Trockenheit vorherrschend ist, keine signifikante Rolle für die N2O Produktion gespielt, sondern eine Kombination von abiotischen Prozessen und erstaunlicherweise, die Denitrifikation. Letztere kennt man bisher vor allem aus vernässten Böden.

Neuartiges Analyseverfahren

Ausschlaggebend für den Forschungserfolg war der Einsatz des Laserisotopenspektroskops, das die Universität für Bodenkultur Wien gemeinsam mit der Universität Wien angeschafft hatte. „Mit dieser neuartigen Analysetechnik können wir die Isotopenzusammensetzung von N2O bestimmen. So erhalten wir einen Fingerabdruck für die zugrunde liegenden Prozesse, die für das emittierte N2O verantwortlich sind, was uns wiederum hilft, die mikrobielle Rolle bei seiner Bildung besser zu verstehen “, betont Eliza Harris die Bedeutung dieses Verfahrens.

„Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, in hochmoderne Instrumente zu investieren, um wirklich genau zu verstehen, wie klimaverändernde Prozesse ablaufen – nur so können wir auch effizient gegensteuern“, erklärt Stephan Glatzel, der an der Universität Wien auch die Core Facility „Long Term Wetland Ecosystem Research“ leitet. Die Ergebnisse würden beispielsweise Auswirkungen auf zukünftige Empfehlungen für die Landwirtschaft haben, so Eugenio Diaz-Pines und Sophie Zechmeister-Boltenstern vom Institut für Bodenforschung an der BOKU.

Zudem zeige sich erneut, wie wichtig es sei, Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung raschestmöglich umzusetzen, „sonst dreht sich diese Spirale immer schneller“, warnt Geoökologe Glatzel von der Universität Wien.

Fingerabdruck von Lachgas-Emissionen

Mit Hilfe von molekularökologischen Analysen konnte das Forscher*innen-Team auch bestimmen, welche Gene und Mikroben an der Stickstoff-Transformation beteiligt waren. Außerdem halfen räumliche Analysetechniken, die elementare Zusammensetzung und Verteilung im Boden zu bestimmen. Die Forscher*innen erhoffen sich, durch diese Methoden in ähnlichen Forschungsprojekten weitere Erkenntnisse zu Rückkoppelungseffekten zwischen Klimaveränderungen und dem Stickstoffkreislauf zu erhalten. Langfristiges Ziel ist es, mit Modellen die Emissionsdynamik von Ökosystemen vor dem Hintergrund klimatischer Veränderungen voraussagen zu können.

Tiroler Stubaital - Foto: Eliza Harris

Für die Studie wurden von einer Alm im Tiroler Stubaital Bodenblöcke (sogenannte Grünlandmonolithen) entnommen. Foto: Eliza Harris, Universität Innsbruck

Grünlandmonolithen wurden im botanischen Garten der Universität Innsbruck. Foto: Eliza Harris

Diese Grünlandmonolithen wurden im botanischen Garten der Universität Innsbruck extremer Trockenheit und einer anschließender Wiederbefeuchtung ausgesetzt und die Stickstoff-Emissionen detailliert gemessen. Foto: Eliza Harris, Universität Innsbruck

Stephan Glatzel. Foto: Universität Wien

„Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, in hochmoderne Instrumente zu investieren, um wirklich genau zu verstehen, wie klimaverändernde Prozesse ablaufen – nur so können wir auch effizient gegensteuern“, erklärt Stephan Glatzel, der an der Universität Wien auch die Core Facility „Long Term Wetland Ecosystem Research“ leitet. Foto: Universität Wien