Beispiel große Fotos im Text - Weichtiere, Wolken und Räume: Exploring Citizen Science

15.05.2019

Drei Pilotprojekte erkunden Möglichkeiten der Beteiligung von BürgerInnen an Forschungsprojekten der Fakultät für Geowissenschaften, Geographie und Astronomie. Die Ergebnisse der Vorstudien aus der Meteorologie, Paläontologie sowie Geographie werden Ende 2019 im Rahmen einer Infoveranstaltung präsentiert.

„Mit unserer Fakultätsinitiative ,Exploring Citizen Science‘ wollen wir die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen von Citizen Science in den verschiedenen Forschungsfeldern ausloten“, erklärt Dekanin Petra Heinz, „und zudem die Vernetzung interessierter WissenschafterInnen fördern“. Bis Februar 2019 konnten Forschende dafür Projektskizzen einreichen. „Da gab es durchwegs gute Ideen, die Auswahl ist uns nicht leicht gefallen“, so Heinz. Drei der eingereichten Pilotstudien wird die Fakultät nun mit jeweils 5.000 Euro unterstützen: Ein Projekt zur Entwicklung von Forschungsprotokollen im Biodiversitätsbereich von Paolo Albano und Martin Zuschin (Paläontologie), „Hydrometeors View“ von Manfred Dorninger und Thomas Aistleitner (Meteorologie und Geophysik) sowie die Studie „Revealing Donau City’s landcape through photo-elicitation“ von Sandra Guinand und Yvonne Franz (Geographie und Regionalforschung).


„Brauchen großes Sample in der Biodiversitätsforschung“

Paolo Albano und Martin Zuschin möchten im Rahmen ihrer Pilotstudie ein gemeinsames Forschungsprotokoll entwickeln, um BürgerInnen verstärkt in das Sortieren von Proben einbinden zu können. Konkret untersuchen sie das Verschwinden einheimischer Mollusken – Weichtiere – im südöstlichen Mittelmeer. Durch invasive Arten, die über den Suezkanal eindringen, und den Klimawandel seien viele Arten unter Druck. „Gerade in der Biodiversitätsforschung brauchen wir aber oft eine große Menge an Proben, um die Muster und zugrundeliegenden Prozesse erfassen zu können“, erklärt Paolo Albano. Gleichzeitig fehlt es an professionellen TaxonomInnen: „Taxonomie wird immer weniger unterrichtet – zudem braucht es Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, um sich das Wissen aufzubauen, um Arten zuverlässig bestimmen zu können“, so der Paläontologe. Es gebe nur wenige Fachleute, „obwohl wir gerade angesichts des derzeitigen großen Artenschwundes diese Phänomene genau verfolgen müssten und die Vielfalt beschreiben, bevor sie unwiederbringlich verloren geht“, sagt Albano.

Im Mittelmeer gelangen einheimische Arten durch invasive Arten aus dem Roten Meer - wie diese farbenprächtige Nacktschnecke -, aber auch durch verschiedene menschgemachte Faktoren wie den Klimawandel unter Druck. (C) Paolo Albano

Eine Lösung sei es, Citizen Scientist in Projekte mit einzubeziehen: „Diese beweisen oft großes Interesse, haben ein gutes taxonomisches Wissen und engagieren sich stark, um große Mengen an Arten zu sammeln, untersuchen und zu bestimmen“, erklärt Albano. Gleichzeitig würden sie aber gezielt seltene Arten und gut erhaltene Proben sammeln, statt wie die WissenschafterInnen streng zufallsbasiert vorzugehen. Im Rahmen der nun von der Fakultät geförderten Vorstudie entwickeln daher die Wissenschafter gemeinsam mit Citizen Scientists ausführliche Forschungsprotokolle, in denen jeder Schritt genau beschrieben wird. Auf dieser Basis könne eine breitere Studie angedacht werden, so Zuschin und Albano.

Sample (C) Paolo Albano

WissenschafterInnen entnehmen Proben stets zufallsbasiert - im Bild ein Sample. (C) Paolo Albano

Wolken-Fotos von Citizen Scientists

Manfred Dorninger und Thomas Aistleitner vom Institut für Meteorologie und Geophysik führen eine Pilotstudie im Bereich der Wolkenbeobachtung durch: Sie untersuchen Hydrometeore, also flüssige oder feste Partikel in der Atmosphäre wie Wolken, Nebel, Regen, Schnee oder Hagel. „Früher haben gut ausgebildete Wetterbeobachter die Wolkentypen, die Größe, Wolkenhöhe oder den Niederschlagstyp erfasst – und stellten diese Informationen im sogenannten SYNOP-Report weltweit zur Verfügung“, erklärt Manfred Dorninger. Dadurch erhielten die Prognostiker wichtige Grunddaten und Informationen, wo derzeit mit Schnee, Regen oder Hagel zu rechnen sei. Doch die Wetterbeobachtung wird vielerorts eingespart: „Heute gibt es jedoch nur noch wenige Wetterbeobachter“, so der Meteorologe Dorninger. Zwar hätte man heute auch Daten von Satelliten und Bodeninstrumenten, doch es fehlen Parameter, die nur durch die Augenbeobachtung gewonnen werden können.

„Wir wollen in unserem Projekt ausprobieren, inwieweit Smartphone-Fotos von Wolken und Niederschlag, die von Citizen Scientists gemacht werden, integriert werden können und wie diese automatisiert oder teilautomatisiert ausgewertet werden können“, erklärt Thomas Aistleitner. Gemeinsam mit Studierenden - vornehmlich aber nicht notwendigerweise ausschließlich aus dem Bereich der Meteorologie - soll im Rahmen des Pilotprojekts eine Maske für die Dateneingabe erarbeitet und eine Datenbasis erstellt werden.

Früher erfassten gut ausgebildete Wetterbeobachter die Wolkentypen, die Größe, Wolkenhöhe oder den Niederschlagstyp. Heute werden viele Wetterbeobachter eingespart - für die fehlenden Daten könnten nun Citizen Scientists sorgen. (C) Pixabay / Stefanie van Dijk / Creative Commons

Foto-Walks und fotografische Interviews

Im Projekt der Stadtgeographinnen Sandra Guinand und Yvonne Franz geht es hingegen um die Produktion von Raum: „Am Beispiel der Donau-City in Kaisermühlen soll untersucht werden, wie Raum hergestellt und reproduziert wird“, erklärt Sandra Guinand. Dabei seien einerseits Governance- und Verhandlungsprozesse wesentlich, aber auf der anderen Seite auch die Rezeption des Raumes: „Und besonders die Rezeption möchten wir in unserem Projekt mit Hilfe von Citizen Scientists erforschen“, so die die Stadtgeographin und Stadtplanerin Guinand.

Mithilfe von Fotowanderungen und fotografischen Interviews sollen die BewohnerInnen und NutzerInnen der Donau City erforschen, welche Emotionen, Erfahrungen und Erinnerungen mit diesen Räumen verknüpft werden. „Fotos eignen sich dabei besonders gut – als Anker und Anknüpfungspunkte, aber auch, um Emotionen bildlich reflektieren zu können und somit Bedeutungen zu offenbaren“, sagt Yvonne Franz vom Institut für Geographie und Regionalforschung.

Donau-City © Simon Volckaert

Am Beispiel der Donau-City in Kaisermühlen wird im Rahmen des Projektes von Sandra Guinand und Yvonne Franz untersucht, wie Raum hergestellt und reproduziert wird. © Simon Volckaert

Initiative "Exploring Citizen Science"

Die Ergebnisse und Erfahrungen der drei Pilotstudien werden im Rahmen eines Fakultäts-Events „First Steps“ voraussichtlich Ende 2019 präsentiert.

(C) Pixabay/Geralt Creative Commons

  • In den Jahren 2018-19 realisiert die Fakultät für Geowissenschaften, Geographie und Astronomie – the „Faculty for Exploration“ – im Einklang mit dem Entwicklungsplan „Universität Wien 2025“ erstmals ihre Initiative „Exploring Citizen Science“. Im Rahmen der Initiative wurde im Dezember 2018 ein erfolgreicher Coaching-Workshop realisiert (Nachbericht); weiters werden drei Pilotstudien mit jeweils max. 5.000 Euro gefördert, deren Ergebnisse Ende des Jahres im Rahmen eines Info-Events präsentiert werden. Zur Initiative "Exploring Citizen Science"