Gigantischer Hohlraum im All entdeckt

22.09.2021

Astrophysiker*innen – darunter João Alves von der Universität Wien - haben bei der Kartierung von interstellarem Staub einen riesigen Hohlraum im Weltraum entdeckt. Das kugelförmige Phänomen könnte erklären, wie Supernovae zur Sternentstehung führen.

Astronom*innen, die 3D-Karten der Formen und Größen von nahe gelegenen Molekülwolken erstellten, haben einen gigantischen Hohlraum im Weltraum entdeckt.

Der kugelförmige Leerraum, der am 22. September 2021 in der Fachzeitschrift Astrophysical Journal Letters beschrieben wird, erstreckt sich über etwa 150 Parsec - fast 500 Lichtjahre - und befindet sich am Himmel zwischen den Sternbildern Perseus und Taurus. Das Forschungsteam, das auf einer Zusammenarbeit zwischen dem Center for Astrophysics | Harvard & Smithsonian und the Department of Astrophysics of the University of Vienna basiert, argumentiert, dass der Hohlraum durch uralte Supernovae gebildet wurde, die vor etwa 10 Millionen Jahren explodierten.

Der mysteriöse Leerraum ist von den Perseus- und Taurus-Molekülwolken umgeben „beides Regionen im Weltraum, in denen sich Sterne bilden“, erklärt Ko-Autor João Alves vom Institut für Astrophysik an der Universität Wien.

Hunderte von Sternen an der Oberfläche der Blase

„Hunderte von Sternen bilden sich oder existieren bereits an der Oberfläche dieser riesigen Blase", sagt Shmuel Bialy, ein Postdoktorand am Institute for Theory and Computation (ITC) des Harvard-Smithsonian-Center for Astrophysics (CfA), der die Studie leitete. „Wir haben zwei Theorien - entweder ist eine Supernova im Kern dieser Blase explodiert und hat Gas nach außen gedrückt, um die Blase zu bilden, oder eine Reihe von Supernovae, die sich über Millionen von Jahren ereignet haben, haben sie im Laufe der Zeit geschaffen“, erklärt Bialy.

Das Ergebnis legt nahe, dass die Perseus- und Taurus-Molekülwolken keine unabhängigen Strukturen im Weltraum sind. Vielmehr sind sie gemeinsam aus ein und derselben Supernova-Schockwelle entstanden. „Dies zeigt, dass der Tod eines Sterns durch eine Supernova eine Kette von Ereignissen auslöst, die schließlich zur Geburt neuer Sterne führen kann“, so Bialy.

Kartierung von Stern-Entstehungsgebieten

Die 3D-Karte der Blase und der sie umgebenden Wolken wurde mit neuen Daten von Gaia erstellt, einem weltraumgestützten Observatorium, das von der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) gestartet wurde. Wie genau die 3D-Karten der Perseus- und Taurus-Molekülwolken und anderer nahe gelegener Wolken erstellt wurden, wird in einer separaten Studie beschrieben, die ebenfalls am 22. September im Astrophysical Journal (ApJ) veröffentlicht wurde.

Mit den Karten wurden die Molekülwolken zum ersten Mal in 3D kartiert. Frühere Bilder der Wolken waren auf zwei Dimensionen beschränkt. „Wir können diese Wolken schon seit Jahrzehnten sehen, aber wir kannten nie ihre wahre Form, Tiefe oder Dicke. Wir wussten auch nicht, wie weit die Wolken entfernt waren“, sagt Catherine Zucker, Postdoktorandin am CfA und Leiterin der ApJ-Studie. „Jetzt wissen wir, wo sie mit einer Unsicherheit von nur einem Prozent liegen, was es uns ermöglicht, diese Lücke zwischen ihnen zu erkennen.

Warum Molekülwolken kartieren?

Aber warum sollte man Wolken überhaupt kartieren? „Es gibt viele verschiedene Theorien darüber, wie sich Gas neu anordnet, um Sterne zu bilden,“ erklärt Zucker. „Astronom*innen haben diese theoretischen Ideen in der Vergangenheit mit Hilfe von Simulationen getestet, aber dies ist das erste Mal, dass wir echte – nicht simulierte – 3D-Ansichten verwenden können, um die Theorie mit der Beobachtung zu vergleichen und zu bewerten, welche Theorien am besten funktionieren.“

„Aufregende Zeit für Astrophysiker*innen“

„Kürzlich haben wir die größte zusammenhängende Gasstruktur in der Milchstraße entdeckt“, sagt João Alves von der Universität Wien, „und sowohl die Perseus- als auch die Tauruswolke sind ein kleiner Teil dieser großen Struktur. Dieses 3D-Ergebnis gibt uns Aufschluss über die komplexe Feinstruktur der Welle und darüber, wie sie sich zunächst in stellare Kinderstuben, dann in Sterne und schließlich in Planeten aufspaltet. 3D verändert alles, es ist eine sehr aufregende Zeit für uns Astrophysiker*innen.“

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Über die Veröffentlichungen

  • Ko-Autoren Astrophysical Journal Letters-Artikel: Catherine Zucker, Alyssa Goodman, Michael Foley und Vadim Semenov vom Center for Astrophysics; João Alves von der Universität Wien; Robert Benjamin von der University of Wisconsin-Whitewater; und Reimar Leike und Torsten Ensslin vom Max-Planck-Institut für Astrophysik.
  • Ko-Autoren der Astrophysical Journal-Studie sind: Alyssa Goodman, Shmuel Bialy, Eric Koch, Joshua Speagle, Michael Foley und Douglas Finkbeiner vom Zentrum für Astrophysik; João Alves von der Universität Wien; Reimar Leike, Torsten Ensslin und Gordian Edenhofer vom Max-Planck-Institut für Astrophysik; und Joshua Peek vom Space Telescope Science Institute.
  • Die Augmented-Reality-Figur wurde durch eine Zusammenarbeit zwischen dem Glue-Team, der American Astronomical Society und Delightex, einer kommerziellen Softwarefirma, ermöglicht. glue wird von der National Science Foundation, der NASA und der Moore Foundation finanziert.
Credit: Alyssa Goodman/Center for Astrophysics | Harvard & Smithsonian.

Credit: Alyssa Goodman/Center for Astrophysics | Harvard & Smithsonian.